Spirit of 1776
George Washingtons Armee von Hausser von Asko Schröder
Rund fünfzig Jahre lang waren sie im Programm der Firma Hausser, die Soldaten des George Washington, zunächst in Masse, später in Kunststoff. Mit der Einführung der Themenserie 1931/32 läuteten
die „Washingtoner“ zusammen mit den Friderizianern eine neue Ära detailliert modellierter und künstlerisch gestalteter Spielfiguren ein, die bis zum Ableben der Firma in ihrer Qualität unerreicht
blieben.
Noch Ende der 70er und zu Beginn der 80er Jahre fanden sich vereinzelt Massefiguren in den Regalen der Spielzeugläden Europas, meist zu Schnäppchenpreisen: Washingtons Marschierer, Pfeifer, Trommler
und auch mitunter mindestens ein versprengtes Mitglied des bekannten Generationen-Trios „Spirit of ‘76“. In den Katalogen wurden die Figuren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gelistet, waren längst von
ihren zeitgemäßeren Plastikkameraden verdrängt worden.
Als mit dem Katalog 1931/32 die Serie offiziell lanciert wurde, hielt sich das Sortiment in sehr bescheidenen Grenzen: Ein stehender George Washington, ein Fahnenträger, ein Offizier, ein
Marschierer. In der Folge wurde die Reihe substantiell ausgebaut und rigoros auf Export getrimmt. Insgesamt umfasste die Serie neben den bereits genannten Figuren noch einen Trommler, einen Pfeifer,
einen stehenden Schützen, einen stürmenden Soldaten und natürlich das berühmte Trio „Spirit of ‘76“, Großvater, Vater und Sohn, die musizierend dem Sternenbanner voranschreiten.
Die historische Gruppe mit dem sowohl barhäuptigen als auch weißhaarigen Großvater, der die Trommel rührt, dem ebenfalls Trommel schlagenden Sohn und dem Vater, der trotz Kopfbinde auf der Querflöte
den Yankee Doodle pfeift entstammt der Fantasie des US-amerikanischen Malers Archibald MacNeal Willard (1836–1918) und wurde relativ Vorbildgetreu sowohl von Hausser als auch von Konkurrent Lineol
hergestellt.
Zwei ausschließlich für den US-Markt produzierte Kavalleristen wurden ebenfalls produziert um die Serie abzurunden. Zunächst einmal ein berittener George Washington, der seinen Dreispitz in der
Armbeuge hält während er mit dem Degen auf den Feind zeigt. Dieser Persönlichkeitsfigur wurde ein ebenfalls auf den Feind deutendes Offiziersmodell beigegeben das für etliche Spekulationen unter den
Sammlern gesorgt hat (mehr dazu siehe unten). Schließlich kam noch eine wohl nur in Aufmachungen verwendete Figur hinzu, bei der es sich um eine Seydlitz-Grundfigur handelt, die dann einfach in den
Farben des Regimentes Washington bemalt wurde.
Innerhalb des überschaubaren Sammelgebietes kann man teils deutlich zwischen Vor- und Nachkriegsmodellen unterscheiden, stellenweise fallen die Unterschiede allerdings weniger deutlich aus. Mögen
sich die ersten Exemplare bei Einführung der Serie tatsächlich in blau-gelben Uniformen präsentiert haben, wurde das unscheinbarere Braun der Uniform des Regiments Washington schnell zur gängigen
Praxis, nur geringfügig belebt durch gelbliche Hosen. Die frühen Blechfahnen der Washingtoner trugen das korrekte Sternenbanner mit kreisförmig angeordneten Sternen, die späten Vorkriegsfiguren und
das gesamte Nachkriegssortiment beschränkte sich auf ein herkömmliches Sternenbanner.
Besonders große Unterschiede in der Vor- und Nachkriegsbemalung fallen bei der Gruppe „Spirit of 1776“ auf. Die Vorkriegsgruppe wirkt insgesamt bunter, die Gesichter sind viel detailreicher
ausgeführt und weisen sogar die ansonsten nur Persönlichkeitsfiguren vorbehaltene spezielle Gesichtsbemalung auf (blau hinterlegte Augen). Während die fadere und unscheinbarere Nachkriegsserie sehr
häufig zu finden ist, kann man die Vorkriegsvariante getrost als absolute Rarität bezeichnen.
Während in der Nachkriegszeit auch die Washingtoner Reiterfiguren in uniformes Braun getaucht wurden, gab sich die Vorkriegszeit erheblich bunter. Die Figur George Washingtons zeigt den ersten
US-Präsidenten als General in blaugelber Uniform auf einem Schimmel mit blausilberner Satteldecke. Die zweite Reiterfigur, in der Nachkriegsversion eher unscheinbar in Braun und Beige gehalten,
schmückt sich in der Vorkriegsvariante mit einer Lila Uniform mit gelben Rockaufschlägen, gelber Hose und einem großen Ordensstern auf der linken Brust. „Es kann sich also nur um eine nicht
namentlich bezeichnete Persönlichkeitsfigur handeln“, freut sich der Sammler. Also wer ist es? Steuben? Lafayette? Tatsächlich gestaltet sich die Diagnose nicht ganz so einfach wie gewünscht.
Während man bei der Figur George Washingtons ganz eindeutig aufgrund der Gesichtsbemalung (blau hinterlegte Augen) auf eine Persönlichkeitsfigur schließen muss, liegen bei dem Herrn in Lila die Dinge
zumindest bemalungstechnisch anders, da hier keine zusätzlichen Gesichtsdetails zu finden sind. Eine eindeutige Identifizierung als VIP ist also nicht möglich und wieder landet der frustrierte
Sammler im Reich der Spekulation. Zugegeben, es ist verlockend und wenn es sich tatsächlich um eine Persönlichkeitsfigur handeln sollte, wird es wohl der Ex-Preusse Steuben gewesen sein, den Hausser
darstellen wollte. Das deutsche Zünglein an der Waage im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg.
Preise
Fast alle Washingtoner halten sich auf einem recht niedrigen Preisniveau. Marschierer, Offiziere und Musiker der Nachkriegszeit sind fast zu Spottpreisen zu haben, selbst Reiter überschreiten selten
die 30 Euro, Infanteristen und Musik pendeln zwischen 10 und 20 Euro pro Stück, Fahnenträger zwischen 30 und 50 Euro. Ein „Spirit of 1776“ Trio ist Nachkriegsbemalung in gutem Zustand für zwischen 60
und 100 Euro zu haben. Bei den Vorkriegsvarianten liegen die Dinge teilweise anders. Das Vorkriegstrio taucht kaum auf dem Markt auf und dann noch viel seltener in vollständigem und gutem Zustand.
Für alle drei Figuren könnte man getrost einen Liebhaberpreis als Sammlerwert angeben, da aber auch die Lineol-Pendants sich im preislichen Sturzflug befinden dürften 300 Euro zusammen für derartige
Raritäten als realistisch erachtet werden. Washington, in gutem Zustand und mit dazugehörigem Pferd in Vorkriegsbemalung recht selten, ist zwischen 120 und 200 Euro wert (Nachkriegsversion – je nach
Pferd – zwischen 20 und 50 Euro), sein nicht näher zu bestimmender Offizierskollege in Lila ist extrem selten und dürfte in der Preiskategorie 150 -250 Euro einzuordnen sein (je nach Zustand). Die in
Washingtoner um bemalte Seydlitz-Figur ist extrem selten und dürfte allein wegen der unscheinbaren Erscheinung „nur“ zwischen 100 und 150 Euro erreichen. Vorkriegsfahnenträger in brauner Uniform sind
(je nach Fahne) zwischen 50 und 120 Euro einzuordnen, ein blaugelbes Exemplar fällt eindeutig in die Kategorie Liebhaberpreis. Sollten sich hier zwei Interessenten in einer Auktion treffen, dürfte
das Ergebnis interessant sein. Eine ABSOLUTE Rarität. Marschierer, sowohl normale Soldaten, als auch Musiker und Offizier der Vorkriegszeit erzielen in brauner Uniform kaum stärkere Preise als die
Nachkriegskameraden, sehr gut bemalte und erhaltene Exemplare können aber dennoch in Ausnahmefällen durchaus 30 bis 40 Euro kosten. Der stehende Schütze und der stürmende Soldat sind beide recht
selten, da sie nur bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hergestellt wurden. Die Figuren sind jeweils zwischen 75 und 120 Euro wert.